Wie jedes Jahr verwandelte sich Sankt Georgen im Attergau auch heuer zum Zentrum der Ultra-Langdistanz Radsportszene. Das Race Around Austria trägt 2018 die ersten Österreichischen Meisterschaften in dieser Disziplin aus. Es werden Meister sowohl auf der Extrem-Distanz (2200km – 30000hm) im Einzel,- Zweier und Viererbewerb ermittelt, als auch auf der schnelleren, 560km Strecke rund um Oberösterreich, der sogennanten „Challenge„. Die österreichische Topographie mit unzähligen Höhenmetern, hohen Alpenpässen und das wechselhafte Wetter verleihen dem Race Around Austria den Titel des härtesten Radrennens Europas.
Das Team Chase startete bei der RAA-Challenge mit Felix Schneider und Bernhard Weis, nach den Teilnahmen 2016 (2.) und 2017(6.) im 2er-Teambewerb, nun erstmals mit Solostarten auf der grossen Bühne am Marktplatz von Sankt Georgen. Am Mittwoch 15.08 gingen sie um 17:05 ins Rennen rund um Oberösterreich. Die Zeitvorhersagen lagen zwischen 19 bis 21 Stunden Renndauer. Mit am Start war auch der mehrfache RAAM und RAA Gewinner Christoph Strasser.
Das erste Viertel im Uhrzeigersinn entlang der Grenzen des Bundeslandes war von wenigen Anstiegen, dafür umso schnelleren Landstrassen und sogar etwas Rückenwind geprägt. Die Zeitfahrspezialisten konnten hier den Ton angeben. Bis zu Rennkilometer 160, kurz vor der Donaubrücke bei Niederranna, konnte Felix mit dem neuen Chase Me Aerolaufrad und dem Chase AeroPerformanceSystem Cockpit einen Schnitt von 37,5 km/h und damit den zweiten Platz halten.
Der folgende Streckenabschnitt durch das Mühlviertel hielt einein beachtlichen Anteil an Höhenmetern bereit und zog sich von Welle zu Welle über Kuppen und Täler. Rouleure machten hier Zeit wieder gut. Bis nach Freitstadt zieht sich diese kräfteraubene Sektion in die Nacht hinein.
Mentale Stärke – Ab Freistadt ist ein hohes Maß an Konzentration und Widerstand gegen die aufkommende Müdigkeit gefragt. Die Route bietet kaum Abwechslung, die Nacht ist dunkel und das Energielevel nach 340km mit einem Schnitt von 32 km/h (nach 11 Stunden) ist deutlich gesunken. Hier war es auch wo das Betreuerteam kurzfristig handeln musste. Felix wurde schlagartig müde und konnte die Spur trotz hoher Geschwindigkeit nicht mehr halten – ein gefährliches Spiel. Eine Behandlungspause durch die Phyiostherapeutin von circa 8 Minuten brachte wieder Schwung in die letzten Kilometer der Anfahrt zum Hengstpass.
Das Rennen ging in die finale Phase. Mit 140km to-go stellt sich den Startern der Hengstpass in den Weg, keine unlösbare Aufgabe, da die Strasse nicht über 7% ansteigt. Doch genau hier war es die Pflicht wieder Zeit gut zu fahren, um die verloreren Positionen durch die Zwangspause wieder gut zu machen. Nur wenige Minuten separierten die Plätze 3 bis 8. Die RAA Challenge ist ein Einzelzeitfahren, welche bekanntlich durch die kleinen Zeitabstände immer spannend mitzuverfolgen sind. Nach den ersten flachen Kilometern am Fuße des Hengstpass, wechselte Felix auf sein Rams Cycling Rennrad mit den bergtauglichen Chase Up Laufrädern. Mit 250Watt ging es der Sonne entgegen, zur Kuppe hinauf. In der Zwischenzeit trat man aus der Nachtregelung, die laut Reglement bis 6:30 andauert. Allein in diesem Anstieg konnte das Team durch die perfekte Nutzung des Materials und Mobilisierung der Reserven zwei Plätze gut gefahren werden. Ausgangsituation nach dem Hengstpass: Platz 6.
Oben angekommen wurde mit dem Zeitfahrrad die Abfahrt in Angriff genommen. Das folgende Flachstück durch Windischgarsten spulte Felix in der gewohnten Aero-position ab. Unglücklicherweise stoppte ein Bahnübergang vor Steinbach am Ziehberg die rasante Aufholjagd. Die gesammelte Erfahrung der letzten Jahre lies die Betreuer-Crew schnell reagieren und man verschob den Wechsel auf das Rennrad um 1 Kilometer vor, entledigte sich der überflüssigen Nachtbekleidung und versorgte den Sportler mit notwendigem Essen und Trinken. Der Zeitverlust hielt sich mit circa 2 Minuten in Grenzen. Im gleichen Rythmus attacktierte Felix den bevorstehenden Ziehberg, wieder gefolgt von einer schnellen Abfahrt am Zeitfahrrad. Nun gab es nur noch einen Anstieg nach Gmunden, kurz und bis zu 12% steil. Mit Gels, Koffein und allen verfügbaren Reserven kämpfte sich Felix die Rampen Richtung Attersee hoch. Die Aberechnung nach dem letzten Hindernis mit 270W Schnitt: Platz 4.
Auf der Kuppe angekommen das übliche Szenario: Der Wechsel auf das Zeitfahrrad um sich tief in der Aeroposition zu verstecken. Es galt den Abstand zum 5.Platz konstant zu halten, auf den letzten 30 Kilometern am Mondsee vorbei nichts zu riskieren, Kurs nehmend auf den Start- und Zielort Sankt Georgen im Attergau.
Mit Euphorie und den unaufhörlichen Anfeuerungsrufen der Crew aus dem Betreuerfahrzeug wurden die letzten schmerzhaften Wellen attackiert.
Das Ortsschild markierte das Ziel: Um 11:26, nach 18 Stunden 20 Minuten mit einem Schnitt von 30,7 km/h wurde Felix 4ter bei den ersten österreichischen Ultra Langdistanz-Meisterschaften. Hier geht es zu den Ergebnissen.
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